Interview: Kann man mit Gamification mehr erreichen?

Über den Einsatz von Gamification im Städtetourismus, das Potenzial von Gamification Lösungen zur Vermittlung von Wissen und Information sowie Erfolgspotenziale und Grenzen sprach unser CEO, Harald Weinberger, in einem spannenden Interview mit Dirk Raguse Training Coaching Beratung.
Das gesamte Interview hier zum Nachlesen.
Redaktion: Guten Tag, Herr Weinberger. Sie haben langjährige Erfahrung und Expertise in der Entwicklung von Apps. Eines Ihrer noch jungen Projekte ist die „Visit-Linz-App“ – eine neuartige Spiele-App im Städtetourismus -, über welche wir in unserem APP-Check am 22. November bereits berichtet haben. Aus welchem Grund passt „Gamification“ in Ihren Augen gut in den Tourismus bzw. was war die zugrunde liegende Idee hinter der Visit-Linz-App?

Harald Weinberger: Mit der Visit-Linz-App haben BesucherInnen ihren ganz persönlichen Reisebegleiter immer dabei. Ziel des Projektes war es, für Linz Tourismus eine innovative Städtelösung zu erarbeiten. Touristen sollen sich leicht in der Stadt zurechtfinden und Linz, abgestimmt auf ihre individuellen Bedürfnisse, erleben können.

Die App eignet sich aber nicht nur für BesucherInnen, auch für BewohnerInnen von Linz werden interessante Tipps und Infos geboten. Das Konzept ist intuitiv und besticht durch viele Details, wie der Vorlesefunktion oder der Echtzeitinfos über Preise und Verfügbarkeit touristischer Angebote. Alles bestmöglich personalisiert und immer aktuell. Das an das CI von Linz Tourismus angelehnte Design rundet die Anwendung ab und fügt sich in das Gesamtbild des Marketings.

Linz kann sich mit dieser App als innovativer Standort positionieren und behaupten. Genau hier setzt auch das neue Gamification-Konzept an, mit dem individuelle Reiseerlebnisse geschaffen werden. Visit Linz setzt als erste App im Tourismus überhaupt auf das Zukunftsthema der digitalen Gamification und emotionalen Bindung.

Das Gamification-Konzept berücksichtigt dabei die vielversprechendsten Ansätze aus den Bereichen Online Gaming, Digital Fashion und Elemente von Universitäten in den USA, die mittels Gamification Kennenlernprogramme für neue StudentInnen am Campus anbieten. Diese wurden erfolgreich auf den Bereich Tourismus umgelegt und einzigartig digital in Szene gesetzt: Standortbezug, zeitgesteuerte Erlebnisse, vor-Ort-Aktivitäten, Schnitzeljagden, Rätsel, Sammel- und Info-Objekte und vieles mehr.

Primäres Ziel ist das Entdecken und das Erleben digital zu fördern und unvergessliche reale Erlebnismomente vor Ort zu generieren. Sowohl für EinwohnerInnen von Linz als auch für Gäste. Mit der Erweiterung der Visit-Linz-App um Gamification nimmt Linz definitiv eine absolute Vorreiterrolle im Tourismus ein und setzt ein klares Statement in Richtung Digitalisierung.

Harald Weinberger
Redaktion: Warum wird in diversen Gesellschafts- und Arbeitsbereichen, Ihrer Meinung nach, immer mehr auf „Gamification“ gesetzt, wenn es um die Vermittlung von Wissen und Informationen bzw. um (Weiter-)Bildung geht?

Harald Weinberger: Gamification Elemente können wichtige Anstöße geben, das Zusammenleben aktiv zu gestalten, da sie per se den Menschen und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen. Basierend auf verhaltenspsychologischer Logik, wie sie auch in Spielen eingesetzt wird, können Motivation, Lernerfolge und Engagement gefördert werden.

Gamification ist außerdem ein wichtiger Ansatz zur Schaffung von Schnittstellen zwischen Mensch und Technik. Durch den Einsatz von Gamification Elementen können durchdringende Anreizmechanismen geschaffen werden. Lernerfolge können durch die Teilung von Aufgaben in unterschiedliche Teilaufgaben und deren Wiederholung, bis eine Problemstellung erfolgreich gelöst wurde, erzielt werden.
Durch in der Schwierigkeit ansteigende Aufgaben können bestimmte Fähigkeitsniveaus erreicht werden, wodurch die erreichten Lernerfolge nachhaltig gefestigt werden.

Redaktion: Welche Spielmechanismen machen ein Spiel erfolgreich bzw. attraktiv für den Nutzer? Was gilt es bei der Entwicklung eines spielerischen Ansatzes zu beachten?

Harald Weinberger: Gamification Elemente wirken, da sie grundlegende Bedürfnisse der Menschen ansprechen. Dabei spielen Aspekte, wie der Wunsch nach sozialem Austausch, Zugehörigkeit, der Wunsch, etwas Nützliches und Relevantes zu tun, Herausforderungen zu meistern und selbstverantwortlich gestalten zu können, eine wichtige Rolle. Aber auch extern motivierte Anreize, wie der Wunsch nach sozialer Anerkennung, Belohnung oder Bekanntheit werden durch Gamification Elemente angesprochen.

Die Visit-Linz-App motiviert durch das Sammeln wertvoller Punkte, durch welche der Nutzer im Ranking immer weiter aufsteigt. Zudem können gesammelte Punkte über die App gegen Kulturerlebnisse und Vergünstigungen bei vielen Partnern in Linz eingetauscht werden.

Redaktion: Für welche Anwendungsfelder berücksichtigen Sie „Gamification“-Ansätze in Ihren Produkten? Wo funktioniert „Gamification“ Ihrer Ansicht nach nicht?

Harald Weinberger: Gamification-Konzepte können in fast allen Bereichen eingesetzt werden – überall dort, wo es um Interaktion und die Einbindung von Menschen geht. Für Städte sind neben der touristischen Anwendung vor allem Modelle zur Steigerung der Partizipation und zum Austausch mit BürgerInnen relevant. Neben der Schaffung von Online Communities können BürgerInnen so beispielsweise aktiv in Planungsprozesse einbezogen werden oder die Teilnahme an Umfragen erhöht werden. Auch bei der kollaborativen Lösungsfindung in unterschiedlichsten städtischen Fragestellungen können Gamification-Konzepte eingesetzt werden.

Natürlich ist auch die Vermittlung von Wissen ein Bereich, den Gamification sinnvoll unterstützen kann. Hier sind Anwendungen zum spielerischen Lernen und Entdecken für Jung und Alt möglich.

Das Konzept von Gamification kann grundsätzlich in alle Lebensbereiche integriert werden. Sei es in der Gesundheitsförderung, beispielsweise gibt es hier bereits Apps, die Atemübungen für asthmakranke Kinder spielerisch gestalten, oder in der Förderung nachhaltiger Projekte. Gamification wird heute bereits vielfach im Smart Mobility Bereich eingesetzt, wo Menschen Rewards für die Nutzung nachhaltiger Verkehrsmittel sammeln können. Weitere Anwendungsfelder sind beispielsweise Wettbewerbe zu Nachhaltigkeit oder Incentives für richtige Mülltrennung, wie es in Amsterdam bereits gelebt wird.

Ebenso können Gamification-Konzepte bei der Förderung der lokalen Ökonomie eingesetzt werden, indem der Besuch lokaler Stores in die Konzepte integriert wird. Hier setzt auch die Visit-Linz-App an durch die Möglichkeit, gesammelte Punkte gegen Goodies ein zu tauschen. Dadurch lenkt die App Nutzer in die teilnehmenden Betriebe.

Das Konzept von Gamification kann grundsätzlich in alle Lebensbereiche integriert werden.

Harald Weinberger
Redaktion: Welche Reaktionen gibt es bisher auf die spielerischen Elemente in der Visit-Linz-App? Sind Weiterentwicklungen und/oder neue Features geplant?

Harald Weinberger: Das Gamification-Konzept der Visit-Linz-App wird sehr gut angenommen. Seit dem Launch Anfang September spielen bereits rund 200 User aktiv, die Zahlen steigen laufend. In nächster Zeit sind natürlich auch Weiterentwicklungen und neue Features geplant, das Spielerlebnis soll natürlich weiterhin interessant und abwechslungsreich gestaltet werden. Aktuell wird beispielsweise der Einsatz von Augmented Reality diskutiert. Wir wollen hier jedoch noch nicht zu viel verraten – damit die Spannung nicht verloren geht.

Redaktion: Wie sehen Sie den Markt für „Gamification“ in der Zukunft?

Harald Weinberger: Aufgrund der vielzähligen Anwendungsmöglichkeiten von Gamification-Konzepten sehe ich den Markt sehr positiv. Vor allem auch die Kommunikation zwischen BürgerInnen, Politik und Verwaltung hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Durch die zunehmende Digitalisierung halten mobile Technologien Einzug in alle Lebensbereiche.

Gamification ist ein hilfreiches Tool, Mensch und Technik zu verbinden. Es kann wertvolle Anreize schaffen, komplexe Informationen spielerisch aufbereiten oder einfach nur Unterhaltung bieten – in unserem stressigen Alltag für viele eine willkommene Abwechslung.

Redaktion: Vielen Dank für den interessanten Austausch!

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